Uns ergriff eine Trunkenheit, unter uns die Erd erwühlt. Schüttelnd schwebte Sophia inmitten der funkelnden Klangspiralen, ihr Gesichtchen glich einem weissen zuckerkörnigen Dolomit. Wir schauten gespannt auf die mächtigen Lärchenäste, die sich elegant bogen zu einer langgliedrigen Frauenhand, die ungeduldig nach einem Handkuss frohlockt. Doch plötzlich ein Gelächter echot aus den Geröllritzen, zart beseeltes Geträtsch, und lustvolles Gekicher, ein Augenwink wo geschwind und abwechslungsweise geschnabelt glotzend Gesichter aufblinken,
gebunden nicht an Glieder und Gelenke, noch auf der Knochen morsche
Kraft gestützt, sausten sie schaumstürmend, über den Kopf hinweg, und
schlugen dazu eigentümliche Purzelbäume in der Luft, So zart und
einfach ist ihr reiner Stoff, und sobald man nur kurz mit den Augen
gezwinkert hat, verschwanden sie im Sternenstaub. Die Vielfalt von
Schallgestöber, helle zitternde Töne, pfeifendes Geschwirre, glöckelinhaftes Flirren, die teuflischen Schwingungen und leisen Töne, womit die Natur alle Gegenstände verbindet. Die
aberwitzigen Ereignisse, denn nach Belieben kleiden Geister sich in ein
Geschlecht, in beide oft zugleich die Anckenballen auf den Köpfen
tragen, und rebellierende Engel die in einem tanzenden
Guldenhaar-wippenden Lockenhupfwirrwar sich auslassen. Dazu verwandelte sich der Kräuter riechende pelzwarme Binner-Wind in heulende Echokaskaden, die sich schlangenwindend über das Thal ausbreiteten.
Augerquicklich leuchtet es blaugrünrote Kristalle, die sich um Sophia's
Hals als Diamantenglanz zieren. Dieser pyramidenförmige Kristall
funkelt unseren Weg, den wir durch quarzgespiegelte
Höhlen und Gänge und zerklüftete Felsen wandern Blumenfüssig ---
schwerelos ---. Dazu sind Sophia's Haare gespickt mit Glimmerblättchen,
das ihr bezauberndes Köpfchen in ein vielgestirntes Firmament
verwandelt, und türmen sich wohlfrisiert auf und sind ausgebuchtet, zu
einem symbolischen Zeichen. Gespiegelt in metallglänzenden
Kristallen, äugelnd, wie ich die Elfenkönigin Titania auf einem
Glimmergestein umschlang, umgeben von glitzernd strahligen Würfeln, die
sich als ornamentartiger Spiegelsaal entpuppten, ertappte ich mich in
einer Ziegenperücke, ich wollte gerade mein Haar mit Puder frisieren.
Sie trug ein leichtes durchscheinendes Gewand, wir flogen durch
Lustsphären, wir krallten uns fest an den Hörnern unserer Triebe, ihr
Stern flog und flog e.t.c. e.t.c. Titania's dämonisches Lachen
schimmerte in einer sternendickleuchtenden glühenden Nacht.
Wenn ich dir diese aufregenden Zeilen schreibe, denke ich an deine
Geschichte die du mir erzählt hast, von deinem Vater der dich damals
als Knaben gedroht hat zu schlagen, weil du einen Baum voller Engel
gesehen hast. Aber deine Scharfsicht durch die materielle Welt! Die
unzähligen Narren und ihre geckenhafte Mannesratio, die hast du
zerschmettert, und auf eindrückliche Weise zeigtest du, dass es so eine
Welt gibt, nämlich genau in diesem mysteriösen und zutiefst mystischen
Binnenthal, mit dem Lengenbach Stollen. Ich lege die Feder für einen
Augenblick nieder, um dein Bild zu umarmen und durch und durch zu
küssen. Lieber Will! Ich habe bei dem Stollen Lengenbach einen Titel bekommen: ich bin "Der oberste Koboldmaler des Teufels".
Spute
dich mein lieber Will, vertrödle keine Zeit, ich flehe dich an, du
musst diese Reise zum Lengenbach Stollen unternehmen, überzeuge dich,
ich habe dutzend Papier zerknillt um dir die Schwingungen der Töne zu
beschreiben. Hier sind Seelen-Erscheinungen und Leidenschaft. Adieu, H. Fuseli
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